Aufmerksame Leser*innen unserer Blogbeiträge und unserer Website werden es vor einigen Monaten schon mitbekommen haben: es gab eine große europaweite Umfrage unter Citizen-Science-Akteur*innen, was denn nun genau ein Citizen-Science-Projekt ausmacht und wo die Grenzen von Citizen Science aus persönlicher Sicht liegen. Der Titel dieser Umfrage lautete „Würden Sie das Citizen Science nennen?" und war schon Thema eines Blogbeitrages von uns im Dezember 2019. Nun liegen dazu die Ergebnisse vor, und diese sind sehr spannend!
Citizen Science ist eine Methode, die in vielen verschiedenen Forschungsdisziplinen und -kontexten verwendet werden kann, und so sieht es auch die europäische Citizen-Science-Community. Auch die Rollen, die Citizen Scientists und/oder professionelle Wissenschaftler*innen in Projekten einnehmen können, variieren von Projekt zu Projekt und werden so auch akzeptiert. So kann es sein, dass sich die Rolle der Citizen Scientists in manchen Projekten rein auf das Sammeln von Daten konzentriert, während sie in anderen Projekten auch wichtige Entscheidungen treffen. Wichtig vor allem bei medizinischen und sozialwissenschaftlichen Projekten ist jedoch, dass klar herausgearbeitet wird, inwieweit die Teilnehmer*innen in solchen Projekten auch selbst aktiv mitforschen, und nicht nur die Forschungsobjekte sind. Auch sollten die Ziele von Citizen-Science Projekten klar erkennbar sein und offen kommuniziert werden.
Die Umfrage in der europäische Citizen-Science-Community hat auch klar gezeigt, dass es egal ist, von wem ein Citizen-Science-Projekt ausgeht. So kann ein solches Projekt von einer Universität, einer NGO oder von Bürger*innen selbst ausgehen. Schwieriger wird es beim Thema kommerzielle Aktivitäten: wenn ein Projekt in erster Linie dem wirtschaftlichen Gewinn der Projektleitung dient und keine Forschung betrieben wird, dann wird es von der europäischen Community nicht als Citizen Science empfunden. Das gleiche gilt auch für eine rein finanzielle Unterstützung von Projekten durch Bürger*innen (z.B. über Crowdfunding).
Ein wichtiger Aspekt für die Citizen-Science-Community ist auch Open Science. Generell wird Citizen Science als eine Methode gesehen, die sich im Bereich Open Science bewegt. Dementsprechend offen ist die Community auch wenn es um die Produktion, das Teilen und das Eigentum von Wissen geht. Wissen kann somit von unterschiedlichsten Akteur*innen produziert werden, es sollte möglichst offen zur Verfügung stehen und im Prinzip jenen Personen gehören, die es auch produzieren. Allerdings ist auch hier der medizinische und sozialwissenschaftliche Bereich wieder schwieriger zu fassen. Das Teilen eigener medizinischer oder sozialwissenschaftlicher Daten kann zwar als Citizen Science aufgefasst werden, es muss allerdings bestimmte Rahmenbedingungen erfüllen.
Dies sind ganz kurz zusammengefasst die Ergebnisse dieser Umfrage. Die kompletten Ergebnisse, inklusive einem erklärenden Dokument, können hier in Englisch gratis heruntergeladen werden. Wir freuen uns sehr, dass wir bei der Erstellung dieser Umfrage mitwirken durften und dass auch sehr viele Personen aus Österreich mitgemacht haben. Nachdem wir bereits mit unserer Opinion „Towards an international definition of citizen science" Anfang 2019 (hier auch die Rezension dazu) international auf diese Thematik hingewiesen haben, freut es uns sehr, dass diesem Aufruf nun gefolgt wurde und dieser unserer Meinung nach wichtige Aspekt der Definition von Citizen Science mehr Beachtung findet.
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