In dieser neuen Interviewserie blicken wir hinter die Kulissen und stellen die Personen hinter den einzelnen Citizen-Science-Projekten und ihre Motivation zu Forschen vor. Interviewerin Eva Lirsch sprach mit Theresa Walter und Richard Zink von der Österreichischen Vogelwarte an der Vetmeduni Vienna.
Den Einstieg in das Interview bildet ein Science Wordrap.
Mein Berufswunsch als Kind war:
Richard Zink: Biologe und Zoologe zu werden.
Theresa Walter: Ich hatte keinen definitiven Berufswunsch, aber Tiere haben mich schon immer fasziniert.
Wissenschaft ist für mich:
Richard Zink: spannend, aufregend, anstrengend.
Theresa Walter: neugierig sein, Zusammenhänge erkennen und Wissen vermitteln.
Am spannendsten an meinem Fachgebiet finde ich:
Richard Zink: die Komplexität unserer Ökosysteme und die Vermittlung dieser Komplexität auf einfache Art und Weise.
Theresa Walter: Für mich sind es auch die großen Zusammenhänge in unserer Umwelt, und dass es noch immer Dinge gibt, die wir nicht verstehen.
Wenn ich eine Sache auf der Welt verändern könnte, würde ich:
Richard Zink (lacht): die Nutzung der fossilen Brennstoffe abschaffen? Im Ernst: wenn ich eine Sache auf dieser Welt verändern könnte, dann würde ich versuchen, dass Menschen mehr Zeit in die Erziehung ihrer eigenen Kinder investieren.
Theresa Walter: Eine Sache ist schwierig. Ich würde mir wünschen, dass mehr Umweltpädagogik betrieben wird und die Leute nachhaltiger handeln.
Spaß an der Arbeit bedeutet für mich:
Richard Zink: auf jeden Fall das Abwechslungsreiche! Es gibt in der Biologie so viele unterschiedliche Aufgabengebiete: von der Vermittlung für ein gutes Miteinander, bis zu den aufregenden Momenten, wo man Tiere im Freiland beobachten kann.
Theresa Walter: Ich kann mich dem nur anschließen, plus, dass ich es wertvoll finde, in einem Team zu arbeiten.
Diese Tiere finde ich am faszinierendsten:
Richard Zink: Mich fasziniert Geschwindigkeit und die schnellen Tiere wie zum Beispiel die Mauersegler, die durch die Luft fliegen wie die Kanonen oder die Falken, die vom Himmel stürzen. Weiters gibt es auch Vögel, die so weit rund um den Globus ziehen, oder aber auch Greifvögel, die in ihrem eigenen Revier schon unglaublich große Strecken zurücklegen, Stichwort Bartgeier, der in der Früh im Schweizer Wallis aufsteigt und am Abend irgendwo in den österreichischen Alpen landet.
Theresa Walter: Mich faszinieren Füchse, da sie unheimlich intelligent und vielseitig sind und überall zurechtkommen. Der Fuchs kommt zum Beispiel von Finnland bis Australien vor. Oder auch andere intelligente Tiere, wie zum Beispiel die Krähen: diese nutzen das menschliche Verhalten um an Futter zu kommen.
Persönlicher Hintergrund
Wann wusstest ihr, dass ihr Wissenschaftler bzw. Wissenschaftlerin werden wollt?
Richard Zink: Erst sehr spät. Das hat sich mehr oder weniger ergeben. Für mich war die Natur immer im Fokus, aber es hätte vielleicht auch passieren können, dass ich Förster werde, oder etwas anderes, wo ich viel mit Natur zu tun habe.
Gab es da ein Schlüsselerlebnis?
Richard Zink: Mein Steckenpferd ist ja die Vogelkunde, und da gab es sehr wohl ein Schlüsselerlebnis: Das war ein Waldkauz, der jeden Tag punktgenau um dieselbe Zeit über unseren Garten gesegelt ist und ich als Kind diesen Vogel vom Fenster aus beobachtet habe. So ein Waldkauz hat eine Spannweite von über einem Meter, fliegt absolut lautlos und ist dann genauso schnell wie er aufgetaucht ist, in einem hohlen Baum verschwunden und dieses Überraschende, Lautlose und die Größe dazu haben mich sehr fasziniert.
Theresa Walter: Bei mir hat es sich die Arbeit als Wissenschaftlerin über meine Masterarbeit ergeben, die ich zur Beobachtbarkeit von Füchsen in der Stadt Wien anhand von Citizen Science Daten verfasst hab.
Was würdet ihr jemandem sagen, der sich überlegt, die Forschungslaufbahn einzuschlagen?
Richard Zink: Rechtzeitig Geldreserven anlegen (lacht). Im Ernst, es ist die Forschungslandschaft momentan sehr hart, weil die Finanzen zurzeit überall sehr knapp sind. Ich bin mir nicht sicher, ob ich derzeit jemandem empfehlen würde, Wissenschaftler zu werden.
Theresa Walter: Ich glaube, es braucht Durchhaltevermögen und extrem gute Ideen, aber auch Glück, weil es heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist, dass man dann auf der Uni angestellt wird und einen unbefristeten Vertrag bekommt. Man muss sich in den meisten Fällen selbst finanzieren und dafür braucht man die oben genannten Eigenschaften.
Was war die beste berufliche Entscheidung in eurer Laufbahn?
Richard Zink: Dass ich mich letzten Endes für die Wildbiologie und da für die Vogelkunde entschieden habe, weil das ein Fachgebiet ist, wo sich Naturinhalte der breiten Bevölkerung gegenüber anschaulich vermitteln lassen. Es ist leichter, ein singendes Rotkehlchen herzuzeigen, als einen nachtaktiven Biber oder Marder.
Theresa Walter: Meine Berufslaufbahn ist noch nicht so lange (lacht). Ich bin froh, dass ich mich entschieden habe, meine Masterarbeit zu den Füchsen in Wien zu schreiben, weil unter anderem aufgrund dieser Masterarbeit das Projekt "StadtWildTiere" entstanden ist.
Wie seid ihr zum ersten Mal mit Citizen Science in Berührung gekommen, war das im Zuge dieses Projektes oder schon vorher?
Richard Zink: Es gibt ja heute viele Citizen Science Projekte, aber unsere Initiative, Wissenstransfer großzuschreiben und gemeinsam mit der Bevölkerung etwas zu tun, geht schon weiter zurück. Wir haben Citizen Science gemacht, noch bevor dies offiziell so genannt wurde.
Zum Projekt "StadtWildTiere": was sind denn die Ziele des Projektes?
Theresa Walter: Uns geht es darum, Beobachtungen zu sammeln, die wir alleine so nie generieren könnten. Die Plattform läuft seit Ende Mai 2015 und wir haben in diesem kurzen Zeitraum bereits über 1000 Fuchsbeobachtungen in Wien gesammelt. Um alleine als Wissenschaftler auf diese Anzahl an Beobachtungen zu kommen, würden Jahrzehnte vergehen. Aber gemeinsam mit der Bevölkerung ist es möglich, das Vorkommen und die Verbreitung von Tierarten in der Stadt nachvollziehen zu können. Unser Ziel ist, dass wir einerseits Informationen bekommen, aber andererseits auch Wissen vermitteln. Wir wollen den Leuten aufzeigen, wer denn sonst noch aller in der Stadt lebt. Und dass eigentlich ein Miteinander auch im städtischen Bereich kein Problem darstellt. Es geht uns um einen Beitrag, dass die Stadt auch als Wildtierlebensraum wahrgenommen wird.
Was können Interessierte bei der Teilnahme an diesem Projekt lernen?
Richard Zink: Sie können viel über die Tiere in unserer Nachbarschaft erfahren und dass viele Personen gemeinsam zu einer Sache beitragen können. Auf unserer Plattform kann man sich einen Überblick verschaffen, was andere Bürger und Bürgerinnen schon beobachtet haben. Außerdem können wir durch das Vorhandensein von Wildtieren mittlerweile auch auf naturnahe Grünräume rückschließen. Es geht aber noch einen Schritt weiter: das Eichhörnchen beispielsweise ist ein wunderbarer Indikator für die Vernetzung von Grünräumen in der Stadt. Die würde man nicht in einem Bezirk finden, wo alles versiegelt ist. Wir können aufzeigen, wo Grünkorridore verlaufen. Es geht vor allem darum, langfristig Daten zu sammeln, dann können wir im Laufe der Zeit Entwicklungstrends abbilden.
Was war das schönste Erlebnis in der gemeinsamen Forschung?
Richard Zink: Sicherlich die Herausgabe unseres Kinderbuchs, das uns ein Anliegen ist, um der jüngsten Generation Inhalte zu vermitteln.* Außerdem die Präsenz und Präsentationen im Rahmen der Österreichischen Citizen Science Konferenzen. Ein wirkliches Highlight war auch, dass sich weitere internationale Städte wie Berlin diesem Projekt angeschlossen haben.
Theresa Walter: Ein Highlight war sicher das Beobachten junger Füchse am Straßenrand, und dass das Projekt läuft und von der Bevölkerung angenommen wird. Es kommen fast jeden Tag Meldungen herein und das alleine ist eigentlich schon wunderbar.
Wo können sich Interessierte über das Projekt informieren?
Richard Zink: Wir operieren auf verschiedenen Kanälen: Gespräche bei Veranstaltungen und Infoständen, sowie Vorträge und Exkursionen. Wir haben uns auch bemüht, auf der Homepage zu unterschiedlichen Tierarten Porträts und Informationen zusammenzustellen. Natürlich stehen wir auch via Email und telefonisch nach Möglichkeit zur Verfügung.
Wann ist die nächste Veranstaltung?
Theresa Walter: Am 19. Juli sind wir mit zwei Vorträgen bei der Kinderuni VetMed, Ende August gibt es dann die Artenschutztage im Tiergarten Schönbrunn.
Zukunft des Projektes: Theresa Walter und Richard Zink bearbeiten das Projekt StadtWildTiere zurzeit rein ehrenamtlich. Geplant ist, das Projekt auf andere Städte und den Siedlungsraum im ländlichen Bereich auszudehnen. Derzeit wird noch finanzielle Unterstützung gesucht, um dieses Projektziel verwirklichen zu können.
* Das Kinderbuch „Stadtwildtiere. Säugetiere in unserer Nähe“ von Theresa Walter und Richard Zink ist im Eigenverlag erschienen und erhältlich unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Geeignet für Kinder im Volksschulalter.
Kontakt: Dr.rer.nat. Richard Zink und Theresa Walter, M.Sc.
c/o Vetmeduni
Österreichische Vogelwarte
Zentrum für Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit in Seebarn
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Website: www.stadtwildtiere.at
Telefon: +43 (1) 25077-7213