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Vom 15. bis 19. Oktober 2018 fand in Grünau im Almtal (Oberösterreich) eine Summer School zum Thema "Citizen Science in Theorie und Praxis" statt. Die Veranstaltung wurde von 2 Doktorandinnen und 1 Doktoranden der Vienna Doctoral School CoBeNe der Universität Wien organisiert: Lara Iaiza und Verena Pühringer-Sturmayr untersuchen das Sozialverhalten von Graugänsen und Waldrappen an der Core Facility Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie in Grünau im Almtal, während Arno Cimadom am Department für Verhaltensbiologie in Wien an der Ökologie der Darwinfinken arbeitet.

Insgesamt 28 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 16 Ländern (4 Kontinente!) und 26 verschiedenen Institutionen (von Universitäten über Nationalparks bis hin zu NGOs) nahmen an der Summer School teil. Nicht nur die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zahlreich und mit vielfältigen Interessen, auch das Programm bot umfassende verschiedene Ansätze und Phasen eines Citizen Science-Projekts. Insgesamt bot die Summer School ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern 15 Präsentationen, 4 Workshops und 2 Rundgespräche.

Citizen Science ist ein wachsender Ansatz in der Wissenschaft, der Laien in den Forschungsprozess miteinbezieht. Citizen Science kann in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, von der Erfassung der Biodiversität bis hin zu den Sozialwissenschaften. Ziel dieser Summer School war es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das grundlegende Verständnis der Methode und die notwendigen Werkzeuge für die Entwicklung eines eigenen Projekts von der Datenerhebung bis zur Veröffentlichung zu vermitteln.

Die 8 geladenen Referentinnen und Referenten (aus 4 Ländern und 7 Institutionen) diskutierten die folgenden Themen:

  • Peter BROWN von der Anglia Ruskin University (Cambridge) sprach über Citizen Science in den Bereichen Biodiversitätserfassung sowie Datenvalidierung, Verifizierung und Qualitätskontrolle. Darüber hinaus diskutierte er mit uns das Thema Citizen Science und begutachtete Publikationen.

  • Daniel DÖRLER und Florian HEIGL von der Universität für Bodenkultur (Wien) stellten nationale und internationale Fördermöglichkeiten, Forschungsdesign in der Praxis, die Praxis der Durchführung eines Citizen Science Projekts und die Plattform Österreich forscht sowie die Projekte Roadkill und BOKUArion vor.

  • Didone FRIGERIO von der Core Facility Konrad Lorenz Forschungsstelle (Universität Wien, Grünau im Almtal) führte uns in das Thema Citizen Science ein, indem sie über Wissenschaft mit und für die Gesellschaftsforschung sprach. Sie organisierte auch einen Workshop über die Gestaltung eines eigenen Citizen Science Projekts. Am letzten Tag sprach sie auch über Vorteile und Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit Schulen und stellte die Citizen Science Projekte, die derzeit an der Konrad Lorenz Forschungsstelle laufen, vor. Darüber hinaus diskutierte sie mit uns das Thema Citizen Science und begutachtete Publikationen.

  • Philipp HUMMER von SPOTTERON Citizen Science (Wien) stellte uns SPOTTERON vor und sprach über die Verwendung von Apps, die Erwartungen der Bürger an eine App, Herausforderungen bei der Nutzung von Apps und warum Design wichtig ist.

  • Coleman KRAWCZYK von der University of Portsmouth (Portsmouth) gab uns eine Einführung in die Plattform Zooniverse. Darüber hinaus leitete er auch einen Workshop, in dem er über Datenanalyse und den Aufbau eines Projekts mit den Tools von Zooniverse sprach.

  • Tina PHILLIPS vom Cornell Lab of Ornithology (Ithaca) sprach darüber, wie man ein Citizen Science Projekt gestaltet, um die Projektziele zu erreichen. Ein weiteres Thema von ihr war, wie man sich mit der Rolle von Interesse und Motivation und anderen Dimensionen des Engagements auseinandersetzt. Sie stellte uns außerdem die Citizen Science Projekte des Cornell Labs of Ornithology vor - insbesondere ihre Strategien für Wissenschaft, Bildung und Naturschutz - und wie wir die Datenqualität anhand von Beispielen aus allen Bereichen sicherstellen können.

  • Anett RICHTER vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (Leipzig) stellte mögliche Herausforderungen für Citizen Science Daten von der Theorie bis zur Praxis vor und diskutierte mit uns das Thema Citizen Science und begutachtete Publikationen.

Die Summer School war auch eine Möglichkeit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Referentinnen und Referenten, sich zu vernetzen, Wissen und Erfahrungen auszutauschen und neue Kooperationen aufzubauen. Drei sehr erfolgreiche gesellschaftliche Veranstaltungen waren dabei sehr hilfreich, um dieses Ziel zu erreichen: (1) Begrüßungsdrinks am ersten Abend, (2) ein gemeinsames Abendessen am vierten Abend und (3) eine Wanderung am letzten Tag. Da alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten im JUFA Hotel Almtal übernachteten und aufgrund von Gruppenaktivitäten am ersten Tag (z.B. Kennenlernen, Cocktailbar), war die Atmosphäre in der Gruppe sehr entspannt und ungezwungen. Ein erstaunliches Herbstwetter tat den Rest.

Die Organisatoren danken Didone Frigerio für die Inspiration und Unterstützung die Idee einer Summer School über Citizen Science umzusetzen sowie Petra Pesak, Sarah Deventer und Sigrid Hager von der Vienna Doctoral School CoBeNe für die logistische Unterstützung in organisatorischen Fragen.

Wir denken, dass es noch Potenzial für nächste Themen und weitere Vernetzungen gibt. Die sehr guten Vorträge der eingeladenen Referentinnen und Referenten und die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Organisation und dem Rahmen der Summer School - hinsichtlich der Vielfalt der Länder und Hintergründe der Teilnehmer sowie des Programms, der Vielfalt und Qualität der Referentinnen und Referenten und der Gruppenworkshops - machten diese Veranstaltung zu einem Erfolg. Insgesamt waren sich alle Teilnehmer einig, dass es eine schöne Erfahrung war und sie würden gerne wieder an einer Summer School über Citizen Science teilnehmen.

Forschen mit Hilfe interessierter Bürgerinnen und Bürger? Das ist gerade ein heißes Thema an der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF; seit 2012 eine Core Facility der Universität Wien) in Grünau im Almtal (Oberösterreich). Die KLF wurde 1973 vom Nobelpreisträger – aber zuallererst Zoologen, Ethologen und Ornithologen – Konrad Lorenz (damaliger Direktor des Deutschen Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie in Seewiesen) gegründet. Zu dieser Zeit trat der damals 70-jährige seinen Ruhestand an und suchte einen Platz, an dem er die Forschung an seinen über 100 Graugänsen fortsetzen konnte. Das alte Mühlengebäude in Grünau im Almtal war der geeignete Ort dafür, da es nicht weit vom Cumberland Wildpark gelegen ist, welcher vom Herzog von Cumberland gegründet wurde. Allerdings musste zuerst das Gebäude umgebaut und Teiche gegraben werden, bevor die Graugänse von Seewiesen nach Grünau gebracht werden konnten. Seither wird an der KLF Verhaltensforschung betrieben. Allerdings haben sich die Methoden der Verhaltensbiologie seit damals verändert und weiterentwickelt. Ein brandneues Thema ist es zum Beispiel, Bürgerinnen und Bürger in die Forschung mit einzubeziehen und ihnen diese näher zu bringen – die sogenannte Bürgerwissenschaft bzw. Citizen Science. Vor kurzem wurde ein Review über die Stärken und Herausforderungen von Citizen Science in der Wildbiologie in der Zeitschrift Ethology veröffentlicht. Der Artikel präsentiert mehrere Fallstudien, die zeigen, dass Citizen Science erfolgreich auf Forschungsprojekte im Bereich der Wildbiologie angewendet werden kann (hier zum Nachlesen). Die internationale Vernetzung mit Wissenschaftlern, welche Citizen Science als Forschungsmethode verwenden, machte es Dr. Didone Frigerio möglich, das Department Ökosystemleistungen in Leipzig mit einem COST Action-Stipendium zu besuchen, um im Rahmen eines 10-tägigen Workshops die Bedeutung des Geschichtenerzählens für Citizen Science genauer zu untersuchen (hier zum Nachlesen).

Ein Höhepunkt ist auch die diesjährige Summer School zum Thema „Citizen Science in Theory and Practice“, welche vom 15. bis 19. Oktober in Grünau im Almtal abgehalten wird. Diese wird von PhD Kandidaten der Core Facility KLF, des Departments für Verhaltensbiologie der Universität Wien und der Vienna Doctoral School CoBeNe organisiert und von Letzterer finanziell unterstützt. Wir freuen uns das die Summer School ein großes internationales Interesse geweckt hat (Teilnehmer aus 16 Ländern) und diese bereits ausgebucht ist. Uns erwarten 5 Tage voller interessanter Vorträge, Workshops und Diskussionen.

Derzeit beschäftigt sich die KLF Arbeitsgruppe „GreyBis4socs“ (Team bestehend aus Post Docs, PhD Kandidaten und Forschungsassistentinnen) mit drei Citizen Science Projekten: „Visible Science“, „NBI goes Citizen Science“ und dem Sparkling Science Projekt „GRASS – Graugänse als Tiermodell für soziale Systeme“. Die beiden erstgenannten Forschungsprojekte werden mittels einer App („Forschen im Almtal“ und „WaldrApp“, downloadbar für Android und Apple: (1) Visible Science – Android, Apple (2) NBI goes Citizen Science – Android, Apple) unterstützt, in denen Citizen Scientists ihre Beobachtungen „spotten“ können. Das Projekt „Visible Science – Citizen Science als Interface zwischen Top-Verhaltensforschung und einem Tierpark“ beschäftigt sich mit dem Vergleich von Brut, Aufzucht und Betreuung von Jungtieren bei drei Modell-Vogelarten (Graugänsen, Kolkraben und Waldrappen). Dabei wird eng mit dem Cumberland Wildpark Grünau zusammengearbeitet. Anhand der App werden Verhaltensbeobachtungen sowie Sichtmeldungen über die individuell markierten Vögel ermöglicht und Informationen über die Qualität der Paarbindung, sowie über lokale Traditionen betreffend Rast- und Nahrungsplätze erworben. Im Rahmen des heurigen Citizen Science Awards (Preisverleihung am 12.11.2018) des Zentrums für Citizen Science nahmen im Mai und Juni Schulklassen und andere interessierte Wildparkbesucher an diesem Citizen Science Projekt teil. Mehr als 1400 Sichtmeldungen wurden bis 31.08.2018 bereits mit Hilfe der App gemeldet. Das Projekt „NBI goes Citizen Science – Wissen schaffende Bürgerinnen und Bürger“ untersucht, welche Eigenschaften die Nahrungsgebiete der Waldrappe aufweisen. Anhand der App könnt ihr Informationen über den Verbleib der Waldrappe und die ökologischen Eigenschaften der besuchten Areale aufnehmen. Das Sparkling Science Projekt „GRASS – Graugänse als Tiermodell für soziale Systeme. Die Modulation circannualer Aktivitätsmuster im sozialen Kontext: Das Modell Graugans (Anser anser)“ beschäftigt sich mit der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Aktivitätsmustern, Verdauungseffizienz und Sozialverhalten, also die Modulation der Rhythmen durch den sozialen Status bzw. die Rangordnung bei einem hoch-sozialen und langlebigen Wirbeltier, der Graugans.

Haben wir euer Interesse geweckt? Dann schaut rein und forscht mit!

 

Autoren: Verena Pühringer-Sturmayr, Didone Frigerio